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Anforderungen an die virtuelle Betriebsratssitzung

Vor Einführung der Möglichkeit der virtuellen Betriebsratssitzung (§§ 30 Abs. 2, 33 Abs. 1, 51 Abs. 3 BetrVG) war diese lange Zeit umstritten. Die h. M. (=herrschende Meinung) ging grundsätzlich von ihrer Unzulässigkeit und der Unwirksamkeit der hierdurch gefassten Beschlüsse aus. Unter genau geregelten Voraussetzungen können Betriebsratssitzungen nunmehr (seit dem Inkrafttreten des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes) per Video- oder Telefonkonferenz stattfinden. Ursache war unzweifelhaft die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Betriebsräte während der Corona-Pandemie. Der Gesetzgeber hat aber erkannt, dass diese Regelung auch aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung und der Flexibilität in der Arbeitswelt sehr begrüßenswert ist, weshalb sie in das BetrVG dauerhaft aufgenommen wurde.

§ 30 Abs. 2 BetrVG bestimmt drei kumulative Voraussetzungen (sie müssen also allesamt vorliegen) für die virtuelle Teilnahme bzw. die virtuelle Sitzung:

  • Die erste Grundvoraussetzung ist, dass die virtuelle Sitzung in der Geschäftsordnung unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung festgelegt ist. Dafür bedarf es gem. § 36 BetrVG der absoluten Mehrheit des Betriebsrats. Ohne konkrete Regelung in der Geschäftsordnung ist eine virtuelle Sitzungsteilnahme jedenfalls unzulässig. Der Betriebsrat hat die alleinige Entscheidungsbefugnis, ob und inwieweit eine solche überhaupt möglich sein soll.
  • Den Mitgliedern ist bei jeder einzelnen Sitzung für die Teilnahme einzelner Mitglieder oder die vollständige virtuelle Sitzungsdurchführung eine Widerspruchsfrist einzuräumen. Auf diese Weise soll der Vorrang der Präsenzsitzung und ein Minderheitenschutz sichergestellt werden. Widerspricht mindestens ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats, ist eine virtuelle Betriebsratssitzung unzulässig. Die Frist ist vom Betriebsratsvorsitzenden festzulegen und muss angemessen sein.

    UND
  • Schließlich hat die Sicherstellung zu erfolgen, dass das Prinzip der Nichtöffentlichkeit gewahrt wird und Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis erlangen können. Hierfür hat der Betriebsrat geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu ergreifen.

Der Betriebsratsvorsitzende hat lediglich die Befugnis, die Betriebsratssitzungen einzuberufen. Ein Ermessen bezüglich des Ob und Wie der (teil-)virtuellen Sitzung steht ihm jedoch nicht zu. Dies ist alleine an den Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 BetrVG und jenen der Geschäftsordnung zu prüfen. Liegen diese vor, hat der Vorsitzende die Pflicht, einzelnen Mitgliedern die virtuelle Teilnahme an der Sitzung zu ermöglichen. Der Arbeitgeber verfügt nicht über das Recht, eine virtuelle Konferenz zu verlangen.

Bei der inhaltlichen Festlegung der Geschäftsordnung ist die Unterscheidung zwischen der virtuellen Teilnahme und der virtuellen Sitzung zu beachten. Die Regelungen müssen aufgrund ihrer konstitutiven Bedeutung hinreichend bestimmt sein und den Vorrang der Präsenzsitzungen wahren. Es empfiehlt sich, das Grundsatz-Ausnahme-Verhältnis durch konkrete Voraussetzungen zu sichern, wie beispielsweise eine Mindestanzahl von Präsenzsitzungen. Darüber hinaus sollte die Geschäftsordnung entsprechende Regelungen zum Widerspruchsrecht, zur Durchführung von gremiumsinternen Wahlen und zur Einhaltung der Nichtöffentlichkeit beinhalten. Gesetzesverstöße oder Verstöße gegen die Geschäftsordnung haben nämlich in der Regel die Unwirksamkeit der in der virtuellen Sitzung gefassten Beschlüsse zur Folge.

Bezüglich des 3. Punktes (Sicherstellung der Nichtöffentlichkeit) gilt, dass a) nicht jedes Videotool in Frage kommt und b) die Gremien in der Tat auch selbst dafür sorgen müssen, dass die Links zu den Videoräumen nicht Dritten zur Kenntnis gelangen und ferner, dass natürlich sie sich auch allein in einem Raum aufhalten (dieses gilt selbstverständlich auch für Familienangehörige des Betriebsratsmitglieds). Sollte beispielsweise während einer „Online – Sitzung“ ein Familienmitglied den Raum betreten, muss das betreffende BR – Mitglied hierauf unverzüglich hinweisen, die Sitzung wäre kurzfristig zu unterbrechen und dieses sollte auch im Protokoll dokumentiert werden.

Gerne bin ich Ihnen bei der Formulierung Ihrer Geschäftsordnung behilflich. Zögern Sie bitte nicht, mich zu kontaktieren!

Mitgeteilt von RA Karsten Klug
Fachanwalt für Arbeitsrecht Hamburg