Teil 1: Auf diese Voraussetzungen kommt es an
Im ersten Teil der Reihe zum Thema betriebsbedingte Kündigung wird erklärt, unter welchen Voraussetzungen eine betriebsbedingte Kündigung überhaupt zulässig ist. Wichtige Aspekte sind dabei insbesondere das Vorliegen eines dringenden betrieblichen Erfordernisses, wie zum Beispiel betriebliche Umstrukturierungsmaßnahmen, Auftragsrückgang oder wirtschaftliche Schwierigkeiten. Ebenfalls wird auf die Voraussetzungen der Sozialauswahl eingegangen.
1. dringendes betriebliches Erfordernis gemäß § 1 Abs. 2 KSchG?
Gemäß § 1 Abs. 2 KSchG ist eine Kündigung wirksam, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Eine Legaldefinition im Gesetz findet sich dazu nicht. Allerdings entwickelte die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) Anhaltspunkte zur Konkretisierung des Begriffs. Im Grundsatzurteil vom 20. Februar 1986 (Az. 2 AZR 212/85) können betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung rechtfertigen, sowohl aus innerbetrieblichen Umständen wie etwa Rationalisierungsmaßnahmen oder einer Umstellung bzw. Einschränkung der Produktion, als auch aus außerbetrieblichen Gründen wie einem Rückgang des Absatzes oder Umsatzes, einem Rohstoffmangel oder dem Wegfall von Drittmitteln resultieren.
Die Kündigung ist dringlich, wenn diese wegen der betrieblichen Situation unvermeidbar ist.
Für die Feststellung eines dringenden betrieblichen Erfordernisses tragen Arbeitgeber die Beweislast.
2. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb
Bei Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf derselben Hierarchieebene innerhalb des Betriebes im Inland, ist eine betriebsbedingte Kündigung unwirksam. Gleiches gilt, wenn gemäß § 1 Abs. 2 S. 2 und S. 3 KSchG die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt.
3. Korrekte Sozialauswahl
Die Sozialauswahl dient der personellen Konkretisierung der zur Kündigung führenden dringenden betrieblichen Erfordernissen. Im Wege der Sozialauswahl muss der Arbeitgeber unter allen miteinander vergleichbaren Arbeitnehmern eines Betriebes denjenigen ermitteln, den die Kündigung in sozialer Hinsicht am Wenigsten trifft. Vergleichbar sind solche Arbeitnehmer, die gegenseitig austauschbar sind und sich damit auf derselben Hierarchiebene befinden. Nach § 1 Abs. 3 KSchG ist die Kündigung eines Arbeitnehmers auch bei Vorliegen eines betrieblichen Erfordernisses sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.
Die richtige Sozialauswahl orientiert sich gemäß § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG nach Kriterien wie der Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem Lebensalter, den Unterhaltspflichten und der Schwerbehinderung. Das BAG stellt in seiner Entscheidung vom 29.1.2015 – 2 AZR 164/14 heraus, dass keinem der in § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG genannten Kriterien eine besondere Bedeutung zukommt. Arbeitgeber sind somit gehalten, zwischen den Arbeitnehmern nachvollziehbar und logisch abzuwägen, wer schutzwürdiger ist. Die Auswahlentscheidung der Arbeitgeber ist von den Gerichten nur beschränkt nachprüfbar, sodass sich eine „geringfügig falsche“ Auswahlentscheidung, die sich allerdings noch in den Grenzen der zu berücksichtigen Größenordnung halten, vom Gericht nicht zu korrigieren ist.
Bestimmte Arbeitnehmer können von vornherein aus der Sozialauswahl herausgenommen werden, wenn sie bestimmte Fähigkeiten oder Fertigkeiten besitzen, die im berechtigten Interesse des Betriebes sind und für die Sicherstellung einer ausgewogenen Personalstruktur maßgeblich sind.
Neben den allgemeinen Auswahlkriterien gemäß § 1 Abs. 3 S. 2 sind für Arbeitgeber für den kollektiven Bezug Auswahlrichtlinien gemäß § 1 Abs. 4 sowie Abs. 5 KSchG zu beachten.
FAZIT
Die betriebsbedingte Kündigung ist nur dann wirksam, wenn sie auf einem dringenden betrieblichen Erfordernis basiert, wie etwa wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder strukturellen Veränderungen im Unternehmen. Der Arbeitgeber trägt die Beweislast, dass ein solches Erfordernis vorliegt. Darüber hinaus muss er sicherstellen, dass keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf derselben Hierarchieebene bestehen und die Sozialauswahl korrekt durchgeführt wird. Dabei sind Kriterien wie Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung zu berücksichtigen. Eine fehlerhafte oder unzureichende Sozialauswahl führt zur Unwirksamkeit der Kündigung. Die rechtlichen Vorgaben bieten einen wichtigen Schutz für Arbeitnehmer und stellen sicher, dass Kündigungen nur unter gerechtfertigten und nachvollziehbaren Umständen ausgesprochen werden.
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