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Keine isolierte Beschwerde gegen Beweisbeschluss

Insbesondere in kindschaftsrechtlichen Verfahren werden von den Gerichten häufig im Rahmen eines sog. Beweisbeschlusses Sachverständige zur Begutachtung der dem Fall zugrundliegenden familienpsychologischen Verhältnisse bestellt. Hierfür wird ein sog. Beweisbeschluss verfasst. Das OLG Brandenburg hat in seinem Beschluss vom 21.11.2022 nochmals klargestellt, dass dieser Beweisbeschluss nicht isoliert im Rahmen einer Beschwerde angefochten werden kann. Wir erklären, was sie dennoch tun können.

1. Inhalt der Entscheidung des OLG Brandenburg (4. Senat für Familiensachen), Beschluss vom 21.11.2022 – 13 WF 184/22

Die beschwerdeführende Mutter wendet sich gegen einen Beweisbeschluss im Verfahren über ihren Umgang mit ihrer 5-jährigen Tochter, die bei den Großeltern aufwächst.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben, zur Frage, ob die vom Senat mit Beschluss vom 21.07.2021 festgelegte Umgangsregelung, insbesondere die Durchführung des unbegleiteten Umgangs der Mutter mit ihrer Tochter dem Kindeswohl entspricht.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde verweist die Mutter auf ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung und macht geltend, dass sie eine Begutachtung ablehne. Die dem Amtsgericht obliegende Verpflichtung zur Amtsermittlung dürfe nicht alleine auf den Sachverständigen delegiert werden. Der Beweisbeschluss sei nicht erforderlich und einseitig, weil nur auf sie beschränkt und berücksichtige zudem in seiner Fragestellung keine Bindungsfragen. Der vom Amtsgericht beauftragte Sachverständige habe keine kinderpsychologische Ausbildung in Bezug auf das spezielle Krankheitsbild des Kindes. Schließlich rügt die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör. Es treffe nicht zu, dass sie die Sitzung des Amtsgerichts ohne Angabe von Gründen verlassen habe.

Das zuständige OLG Brandenburg hat daraufhin die sofortige Beschwerde der Kindesmutter bereits als unzulässig verworfen. Es ist also gar keine Entscheidung zur Begründetheit der Beschwerde ergangen. Das OLG Brandenburg hat sich hierbei auf die §§ 30 Abs. 1 FamFG, 355 Abs. 2 ZPO gestützt, wonach Beschlüsse, durch die eine Beweisaufnahme angeordnet wird, grundsätzlich nicht anfechtbar seien. Sie könnten erst dann, wenn in der Sache insgesamt eine gerichtliche Entscheidung ergangen sei, quasi mitüberprüft werden.

Als Begründung lieferte das OLG Brandenburg insbesondere das Argument, dass die Verfahrensbeteiligten an der Mitwirkung an einem Sachverständigengutachten nicht gezwungen Seien. So bestehe weder eine Verpflichtung zur Duldung der Untersuchung bzw. zur aktiven Mitwirkung. Deswegen werde allein durch den Beweisbeschluss noch nicht erheblich in die Rechte der betroffenen eingegriffen (vgl. BeckRS 2022, 34194).

In der Sache mag dies richtig sein. Tatsächlich erfordert die Verweigerung der Mitwirkung an einem Sachverständigengutachten für die Betroffenen aber auch sehr viel Nervenstärke. Denn hierfür ist eine gewisse Konsequenz erforderlich. Es sollte dann nämlich keinerlei Kommunikation mit dem Sachverständigen erfolgen unter ständiger Verweisung auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach den Verfahrensbeteiligten die Verweigerung der Mitwirkung an einer Begutachtung nicht negativ ausgelegt werden darf.

Das OLG Brandenburg stellt in seiner Entscheidung darüber hinaus fest, dass Beweisbeschlüsse lediglich ausnahmsweise überhaupt mit Rechtsmitteln angreifbar seien, etwa dann, wenn eine Verletzung von Grundrechten einschließlich verfassungsrechtlich verankerter Verfahrensrechte vorgetragen ist. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.

2. Bedeutung & Praxistipp

Die Entscheidung des OLG Brandenburg dürfte nicht überraschen. Sie verdeutlicht jedoch nochmals, wie wichtig die fachkundige Begleitung in kindschaftsrechtlichen Verfahren tatsächlich ist. Denn obwohl eine isolierte Anfechtung eines Beweisbeschlusses mittels sofortiger Beschwerde nicht möglich ist, bestehen doch andere Möglichkeiten der Einwirkung auf den Fortgang des Verfahrens bei gerichtlicher Beauftragung eines Sachverständigen. Die wichtigste ist sicherlich die Überwachung der ordnungsgemäßen Beweisfragestellung im Beweisbeschluss. Insofern sollte immer dazu geraten werden, vor der Abfassung des Beweisbeschlusses eine Anregung hinsichtlich der Formulierung der Beweisfragen an das erkennende Gericht abzufassen. Aber auch nach Vorliegen des schriftlichen Gutachtens besteht für die Beteiligten noch die Gelegenheit, Einwendungen geltend zu machen, Anträge und Ergänzungsfragen mitzuteilen und die mündliche Erläuterung des Gutachtens zu verlangen (§ 30 FamFG i. V. m. § 411 Abs. 3, 4 ZPO).