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Rechtsprechungsupdate: Nachehelicher Unterhalt und krankheitsbedingte Erwerbseinschränkung

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat sich zuletzt mit den Anforderungen an die Darlegung einer durch Krankheit bedingten Erwerbseinschränkung beschäftigt. In diesem Zusammenhang hat es entschieden, wie lange der nacheheliche Unterhalt in einem solchen Fall befristet werden kann. Vorweggeschickt sei: Die Gerichte treffen hier eine Einzelfallentscheidung. Trotzdem liefert der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 11.11.2022 einige interessante Leitplanken.

Zugrundeliegender Sachverhalt

Die Antragsgegnerin in dem dem OLG vorliegenden Verfahren begehrte nachehelichen Unterhalt. Nach der Geburt der beiden Kinder unterbrach sie Ihre Erwerbstätigkeit für viele Jahre, bis sie diese in einem Umfang von 19,5 Wochenstunden nach während der Ehezeit wiederaufnahm. Die Antragsgegnerin stufte ihre Arbeitszeit seitdem nie auf eine Vollzeitstelle hoch. Der Antragsteller war hingegen vollzeitig beschäftigt. In erster Instanz wurde er zur Zahlung eines Ehegattenunterhalts in Höhe von 1.423 € monatlich verurteilt, nachdem die Antragsgegnerin vorgetragen hatte, psychisch und körperlich erkrankt zu sein. Hiergegen wendete sich der Antragsteller unter Anrufung des OLG.

Entscheidung des OLG Düsseldorf

Das OLG gab dem Antragsteller Recht. Es setzte den monatlich zu zahlenden Unterhalt herab auf 975 € und befristete die Zahlungsverpflichtung.

Das OLG Düsseldorf begründete seine Entscheidung damit, dass die Antragsgegnerin, die von ihr vorgetragenen psychischen und körperlichen Erkrankungen nicht substantiiert vorgetragen habe.

Ein Sachverhalt ist dann substantiiert vorgetragen, wenn wenn er ausreichend detailliert und spezifisch ist, um den Anspruch, der vor Gericht geltend gemacht wird, zu stützen und dem Gericht eine ausreichende Grundlage für seine Entscheidungsfindung bietet. Das OLG Düsseldorf hat sich deswegen auf den Standpunkt gestellt, es habe gar nicht erst in eine Beweisaufnahme – beispielsweise durch Einholung eines Sachverständigengutachtens – eintreten müssen.

Das OLG Düsseldorf hat in diesem Zusammenhang eine Frage, die häufig in der Mandatsbearbeitung aufkommt, konkretisiert: Nämlich nach dem Umfang der Pflicht zum Beweis des Vorliegens einer bestimmten Erkrankung. Das OLG hat sich hier (in Übereinstimmung mit höchstrichterlicher Rechtsprechung, insbesondere dem BGH) auf den Standpunkt gestellt, dass die Vorlage ärztlicher Atteste allein nicht ausreiche. Viele Mandanten und Mandantinnen meinen in der Praxis jedoch, dass sie so bereits das Vorliegen einer Erkrankung beweisen könnten. Dem ist nicht so. Erforderlich ist vielmehr ein dazugehöriger, umfangreicher Sachvortrag, der den Inhalt der vorgelegten Atteste unterstützt. Darzulegen ist in diesem Zusammenhang insbesondere, inwiefern die behaupteten krankheitsbedingten Einschränkungen sich nach Art und Umfang der behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden auf die (individuelle) Erwerbsfähigkeit auswirken. Das heißt einfacher formuliert: Wer krankheitsbedingten Ehegattenunterhalt erstreiten möchte, darf nicht einfach nur mittels Attest beweisen krank zu sein, es muss genau erklärt und dargelegt werden, inwiefern die diagnostizierte Erkrankung dazu führt, dass der zuvor ausgeübte Beruf oder auch irgendein Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann.

Was viele nicht wissen: Es besteht bei nachehelichem Unterhalt in der Regel eine sog. Erwerbsobliegenheit. Das bedeutet, der Unterhaltsgläubiger kann dazu verpflichtet werden, eine Berufstätigkeit aufzunehmen um seinen Bedarf vollständig oder zumindest teilweise selbst zu decken. Selbst wenn einer der Ehegatten während der Ehezeit – wie in dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall – nur halbschichtig gearbeitet hat, kann dieser Ehegatte dazu verpflichtet werden, nach Rechtskraft der Scheidung in Vollzeit zu arbeiten.

Das OLG Düsseldorf hat sich in dem vorliegenden Fall noch mit einer zweiten Frage beschäftigt, nämlich ob der nacheheliche Unterhaltsanspruch bei einer langen Ehezeit befristet werden kann. Die Antwort lautet: Ja, das ist grundsätzlich möglich. Der BGH betont in diesem Zusammenhang aber, dass eine schematische Verknüpfung zwischen Ehezeit und Befristung nicht existiert. Will meinen: Es ist nicht automatisch festgelegt, dass bei einer Ehezeit von „x“ Jahren auch automatisch eine Befristung des Unterhaltsanspruchs von „x“ Jahren vorgenommen wird. Auch hier wird – wie so häufig – eine Einzelfallabwägung vorzunehmen sein. Eine kleine Orientierungshilfe kann die Rechtsprechung aber doch bieten: So befristete das OLG Köln bei einer Ehedauer von 23 Jahren auf insgesamt 8 Jahre (FF 2021, 326; NZFam 2023, 468). Bei einer Ehedauer von sieben Jahren befristet das KG die Zahlungsfrist auf 3,5 Jahre nach Rechtskraft der Scheidung (FamRZ 2013, 1047; NZFam 2023, 468).

Für eine Abschätzung Ihres Falles unter Berücksichtigung des Einzelfalls ist daher eine ausführliche familienrechtliche Beratung unumgänglich.