kanzlei@elblaw.de

Kaiser-Wilhelm-Str. 93 / 20355 Hamburg

+49 (0) 40 411 89 38-0

Kontaktieren Sie uns!

Mo-Do 8.30-17.00 Uhr / Fr 8.30-16.00 Uhr

Wir sind für Sie da!

Urlaubsgewährung bei fristloser, hilfsweise fristgerechter Kündigung

(BAG Urt. v. 25.08.2020 – 9 AZR 612/19)

Es kommt in der Praxis sehr häufig vor, dass Kündigungen durch Arbeitgeber außerordentlich und hilfsweise ordentlich ausgesprochen werden. Das BAG hat für den Fall des noch übrigen Urlaubanspruchs nun klargestellt, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, vorsorglich einen Zeitraum zu bestimmen, in dem der Resturlaub bei Vorliegen einer Kündigungsfrist zu verbrauchen ist. Relevant ist dies vor allem im Falle einer Kündigungsschutzklage durch den Arbeitnehmer.

Das BAG sah im vorliegenden Fall keine Einwände, dass der vorsorglich benannte Zeitraum der Abgeltung des Urlaubes nicht wirksam vereinbart war, insbesondere dass der Arbeitgeber dadurch nicht in Annahmeverzug geriet. Wenn der Arbeitgeber klar erklärt, dass er den Arbeitnehmer für einen gewissen Zeitraum unter vorbehaltsloser Entgeltfortzahlung nicht beschäftigen werde und der Arbeitnehmer hierfür keine Änderungswünsche erhebt, kann dieser nicht davon ausgehen, dass er dennoch zur Arbeit einberufen werde. Der Urlaub war vorliegend trotz der Ungewissheit der Parteien über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses wirksam vereinbart.

Die Inanspruchnahme von Urlaub ist grundsätzlich an eine Arbeitspflicht gebunden. Maßgeblich ist hierfür die objektive Rechtslage. Das Gericht ließ es genügen, dass über das Bestehen des Arbeitsverhältnisses während des streitigen Zeitraums erst nachträglich durch einen Prozessvergleich Klarheit geschaffen wurde. Der Urlaubszweck wird durch die Ungewissheit über eine grundsätzliche Arbeitspflicht nicht vereitelt. Die Gewissheit, in diesem Zeitraum nicht zur Arbeit herangezogen zu werden, reicht aus.

Schließlich war noch die Frage zu klären, ob der Urlaubszweck dadurch vereitelt wurde, dass der Arbeitnehmer trotz der Ungewissheit über das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses zur Meldung bei der Agentur für Arbeit nach § 38 I 2 und 4 SBG III verpflichtet war. Damit oblagen dem Arbeitnehmer sozialversicherungsrechtliche Mitwirkungshandlungen, die er während seines Urlaubes erbringen musste. Diese Verpflichtung des Arbeitnehmers vermochten die Erfüllung des Urlaubes aber nicht zu verhindern, denn sie trafen in erster Linie den persönlichen Lebensbereich des Arbeitnehmers selbst. Daher war die selbstbestimmte Nutzung der Freizeit des Arbeitnehmers gewahrt. Der Arbeitgeber schuldet bis auf gewisse gesetzliche Ausnahmen (bspw. Sonderurlaub) keinen über die Erfüllungshandlung hinausgehenden „Urlaubserfolg“. Eine maßgebliche Vereitelung der Erholung und Entspannung ist bei der Meldepflicht an die Agentur für Arbeit jedoch nicht gegeben.

Fazit:

Sie können im Falle einer Kündigung, mit der ein genauer Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses noch nicht klar ist, den Resturlaubsanspruch vorsorglich für einen gewissen Zeitraum vereinbaren. Voraussetzung ist, dass eine vorbehaltslose Entgeltfortzahlung klar zum Ausdruck kommt. Eventuelle Wünsche des Arbeitnehmers sind jedoch möglichst zu berücksichtigen.

Karsten Klug
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg