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Zuweisung der Ehewohnung

Zeichnet sich schon länger eine Ehekrise ab und spitzt sich die Situation daraufhin zu, wird das Zusammenleben für mindestens einen der Ehepartner häufig zu Spießroutenlauf wenn nicht sogar schlicht gefährlich. Meistens zieht eine Person aus. Welche Möglichkeiten hat man jedoch, wenn der Partner sich weigert auszuziehen und für einen selbst ein Auszug ebenfalls – zum Beispiel wegen der Betreuung minderjähriger Kinder – nicht in Betracht kommt?

Einen Ausweg schafft die Zuweisung der Wohnung an einen Ehegatten zur Alleinnutzung gem. § § 1361 b BGB.

1. Voraussetzungen

Die Zuweisung der Ehewohnung zur alleinigen Nutzung kann beim zuständigen Familiengericht beantragt werden.

Gegenstand des Wohnungzuweisungsverfahrens ist immer die Ehewohnung. Der Begriff der Ehewohnung entspricht dem in § 1568a BGB und ist weit zu fassen. Darunter fallen alle Räume, auch Nebenräume, die die Ehegatten gemeinsam nutzen oder die nach den Umständen dafür bestimmt sind (BGH FamRZ 1990, 987 (988)). Diese Feststellung dieser Voraussetzung erfolgt in der Regel problemlos.

Wie sich aus dem Wortlaut des § 1361 b Abs. 1 BGB ergibt, ist Voraussetzung des Wohnungszuweisungsverfahrens darüber hinaus das Getrenntleben der Ehegatten oder der Wille eines Ehegatten getrennt zu leben, sowie das Vorliegen einer unbilligen Härte.

Ein Getrenntleben der Ehegatten wird angenommen, wenn sie nicht mehr „Tisch und Bett teilen“. An den Willen getrennt zu leben, werden keine großen Anforderungen gestellt. Denn das Verfahren nach § 1361b BGB dient gerade dazu, einen Ehegatten, vor dem anderen zu schützen.

Die Annahme einer unbilligen Härte, die eine Zuweisung der Ehewohnung rechtfertigt, erfordert nach der bisherigen Rechtsprechung eine Situation, in der ein Getrenntleben der Ehepartner innerhalb der Wohnung unzumutbar ist (OLG Frankfurt FamRZ 1987, 159), wenn also die Wohnungszuweisung ausnahmsweise, auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten, „dringend erforderlich“ ist, um eine „unerträgliche Belastung“ des die Zuteilung begehrenden Ehegatten abzuwenden (NZFam 2022, 522). Es ist daher zu verlangen, dass der eine Ehegatte „in grob rücksichtsloser Weise“ durch erhebliche Belästigungen das Wohnen für den anderen Ehegatten „nahezu unerträglich“ macht (so OLG Karlsruhe FamRZ 1991, 1440 (1441).

Diese Umstände müssen für einen Ehegatten, und sei es nur subjektiv, so belastend sein, dass ihm die Fortsetzung der häuslichen Gemeinschaft wegen Verhaltens des anderen Ehegatten bei objektiver Beurteilung nicht (mehr) zumutbar erscheint und deshalb ein Eingreifen des Gerichts – unter Abwägung des Bestandsschutzes der Ehe und der Interessen des anderen Ehegatten – notwendig ist.

Regelmäßig ist dies der Fall etwa bei häuslicher Gewalt, Gefährdung der Gesundheit des anderen Ehegatten oder bei Verursachung von Kindeswohlgefahren. Auch anerkannt wurden etwa Fälle, in welchen die Aufteilung der Räumlichkeiten nicht akzeptiert wurde, oder bei Aufnahme eines neuen Partners in die Ehewohnung sowie bei auch nur gelegentlicher Übernachtung eines neuen Lebenspartners bei räumlichen beengten Verhältnissen.

2. Zuweisungsverfahren

Das Zuweisungsverfahren wird von dem zuständigen Familiengericht durchgeführt. Dieses prüft, ob die o.g. Voraussetzungen für eine Zuweisung vorliegen. Dabei wägt es die gegenläufigen Interessen des Antragstellers und des Antragsgegners gegeneinander ab. Nicht zu vergessen ist dabei nämlich, dass durch ein Wohnungszuweisungsverfahren empfindlich in grundrechtlich gesicherte Rechtspositionen des Verwiesenen eingegriffen wird. Dieser Eingriff muss gerechtfertigt sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn gerade kein milderes Mittel zur Verfügung steht, welches den angestrebten ebenso erfüllt hätte. Hierbei kommt regelmäßig etwa die räumliche Aufteilung der Räume der Ehewohnung der Ehegatten untereinander in Frage. In die Abwägung einzubeziehen sind aber auch weitere Umstände. Dies kann der z.B. Zeitablauf sein, wenn die Ehegatten schon seit längerem getrennt leben und die Auflösung der Ehe sich bereits verfestigt hat oder etwa der weichende Ehegatte längst eine eigene Wohnung gefunden hat (KG NZFam 2015, 172).

3. Anspruch auf Nutzungsvergütung

In der Regel sind beide Ehegatten als Mietparteien im Mietvertrag eingetragen. In diesen Fällen trifft auch beide Ehegatten, jedenfalls im Innenverhältnis, die Pflicht zur hälftigen Mietzahlung. Wenn nun ein Ehegatte auszieht und die Wohnung nicht weiter nutzen kann, schuldet der in der Ehewohnung verbleibende Ehegatte dem ausgezogenen Ehegatten eine Nutzungsvergütung. Gleiches gilt, wenn der ausgezogene Ehegatte Eigentümer oder Miteigentümer der Ehewohnung ist.

4. Gebot des Wohlverhaltens

Ist die Wohnung ganz oder zum Teil einem Ehegatten zugewiesen, so soll der andere Ehegatte dies nicht unterlaufen können, indem er das bestehende Mietverhältnis kündigt oder gar die Ehewohnung veräußert. Deshalb ist der weichende Ehegatte schon von Gesetzes wegen verpflichtet, alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Ausübung des Nutzungsrechtes des anderen Ehegatten zu erschweren oder zu vereiteln (§ 1361b Abs. 3 S. 1).

5. Frist

Gemäß § 1361b Abs. 2 BGB soll das Gericht über den Antrag unverzüglich entscheiden. Eine konkrete Frist ist jedoch nicht vorgesehen. In aller Regel werden jedoch Anträge nach § 1361b BGB im Wege der einstweiligen Anordnung gestellt. In diesem Fällen ergeht die gerichtliche Entscheidung innerhalb kürzester Zeit – d.h. weniger Tage oder Wochen – und wird direkt durch den zuständigen Gerichtsvollzieher vollstreckt.

Wird ein Antrag nach § 1361 b BGB im Hauptsacheverfahren gestellt, kann es sein, dass das Gericht mehr oder weniger umfangreiche Ermittlungen des Sachverhalts durchführt, um die Umstände des Einzelfalls zu klären. Dies kann im Einzelfall zwischen drei und sechs Monaten dauern, je nach Einzelfall und Komplexität des Sachverhalts sowie Arbeitsbelastung des erkennenden Gerichts.